Montag, 25. Mai 2020

Kurze Draußenzeit mit tiefer Erkenntnis...


Im letzten Post hatte ich ja bereits erzählt, dass ich eine einwöchige Draußenzeit im Wald geplant hatte, um wieder tiefer einzutauchen in das wilde Leben, mich mit dem gefiederten Völkchen und den Vierbeinern, den Krabbeltierchen, Pflanzen, Steinen, dem Wetter, den Elementen, den Lichtverhältnissen und den so vielfältigen Geräuschen zu verbinden. Bevor ich losgewandert bin, hatte ich mich jedoch einigen inneren Widerständen zuzuwenden. Es gab Anteile in mir, die gern im Vertrauten geblieben wären und mir zuflüsterten: Du kannst Deinen Urlaub auch in der gemütlichen Jurte verbringen. Bist Du sicher, dass Du unbedingt zu den Eisheiligen eine Fastenwanderung machen willst? Ich weiß inzwischen, dass ich neben den wundervollsten Tierbegegnungen und Erlebnissen IMMER auch Herausforderungen zu bewältigen habe. Das Geschenk im Anschluss bedeutet Wachstum. Natürlich gab es auch den anderen inneren Anteil, der vorfreudig war und es kaum erwarten konnte, endlich den Rucksack zu packen und wieder loszuziehen.

Es ist ein so schönes Gefühl, das eigene Zuhause in Form einer Plane, eines Tarps dabei zu haben, nichts zu müssen und alles zu können. Ich ließ mich von meinem Bauchgefühl leiten und wanderte direkt von der Haustür aus los. Stromerte hierhin und dorthin, besuchte alte Baumfreunde. Bei heftigeren Regenschauern schlüpfte ich unter meinen Regenponcho, setzte mich an den Wegrand, beobachtete den Regen und den Wind, lauschte den veränderlichen Geräuschen. Als sich der Himmel dann vollständig verdüsterte, wurde es Zeit, mir einen ersten Lagerplatz zu suchen. Ich fand ihn in einem Wald und schaffte es gerade noch, mein Tarp aufzuspannen, bevor es in Strömen und durchgängig regnete. Dankbar für diesen Platz, an dem ich mich wohl behütet fühlte, schlief ich ein und erwachte immer mal wieder. Vielleicht kennst Du diesen besonderen Schlaf in der Natur auch? Er ist um einiges leichter als in Steinhäusern. Die Nacht war wundervoll. Überall knusperte und trappelte, knackte und stampfte es. Und ich war mittendrin, in meinen warmen Schlafsack gekuschelt, fühlte mich zugehörig und sehr willkommen. Der Regen trommelte gleichmäßig auf das Tarp und mich immer wieder in den Schlaf. In dieser Nacht träumte ich u. a. auch, dass mein Portemonnaie gestohlen wurde. Am nächsten Morgen kam sogar kurz die Sonne heraus und zauberte Schattenspiele auf die Plane. 


Da das Tarp noch nicht trocken war, ließ ich es stehen, verbarg meinen großen Trekkingrucksack unter dem Tarp und einer weiteren Plane, packte meinen kleinen Tagesrucksack, nahm ganz nebenbei auch mein Portemonnaie mit all meinen Papieren mit (ohne den Traum hätte ich es sicher nicht gemacht) und stromerte los. 

Dieser wundervolle Duft nach dem Regen... Wenn der Wald und alle Naturwesen aufatmen... So wunderschön! Ich sah zwei Füchse und einige Rehe, ein Feldhase saß in seiner Sasse und sprang auf, als ich ihm zu nah gekommen war. Die Pusteblumen trugen ihr Regenkleid...


...Die Fichtenspitzen leuchteten...


...und die Kastanienblüten bestaunte ich einmal mehr ob ihrer filigranen Schönheit...


Immer wieder setze ich mich an einen Baumfreund, beobachtete, lauschte, sang und rasselte. Ich ließ mein Mitgefühl überfließen und verströmte meine Liebe.


Nach ungefähr drei Stunden war ich zurück und entdeckte, dass mein Wanderrucksack...


...verschwunden war. 

Erst konnte ich es nicht glauben und als es dann langsam als Realität bei mir ankam, war ich unendlich traurig. Mein Draußenzuhause wirkte, als ob jemand hastig den Rucksack unter der Plane hervorgezogen hatte. Die verkruschelte Abdeckplane und alles, was sonst noch unter dem Tarp war, lag noch da.

Was ich durch diese Herausforderung wohl lernen soll? 


(Soweit ging mein Instagram-Post gleich nach meiner Rückkehr aus dem Wald...)

Was danach passierte? Ein Sturm aus diversen Gefühlen durchtobte mich. Anderthalb Tage flammte er in Wellen immer wieder auf. Ich war fassungslos und sooo traurig, dann wütend und zornig und der Gefühlssturm begann von vorn. Mein Herz war schwer und bedrückt. Nach und nach ging mir auf, was ich alles verloren hatte. Gleichzeitig relativierte etwas in mir und meinte, ich hätte ja kein lebendiges Wesen verloren. Und doch - meine Gefühle waren da, wollten Raum haben und durchfühlt werden... Du musst wissen, dass Dinge für mich nicht nur materielle Dinge sind, sondern Begleiter. In dem Trekkingrucksack war mein kostbarer Daunenschlafsack, mein nigelnagelneuer Wasserfilter, den ich extra für die Visionssuche in Amerika gekauft hatte, Regenjacke und -hose, ein Paar Wildlinge, mein geliebtes Taschenmesser in der Lederscheide und weitere Werkzeuge, Wohlfühlkleidung, meine kleine Teelichtlaterne, Räucherwerk, mein selbst gebautes Hobo-Köcherchen, eine Edelstahltasse und meine vier Medizinrad-Steine, die mir 2014 auf meiner Visionssuche in Colorado vor die Füße gesprungen waren. Dieses kleine Medizinrad, das mich nun schon sechs Jahre begleitet, war und ist der traurigste Verlust... 

Zuerst suchte ich die Gegend ab. Immer noch in der Hoffnung, dass sich jemand einen Scherz erlaubt hatte und mir einen Schrecken einjagen wollte. Aber nichts... Mit schwerem Herzen baute ich mein Tarp ab, schnallte es zusammen mit der Isomatte an meinen Tagesrucksack, rief meine Tochter an und bat sie, mich abzuholen. Traurig wanderte ich ihr entgegen.

(Eigentlich hatten wir meine Fastenwanderung und die Renovierung unserer Küche durch meine mit zwei goldenen Händen ausgestattete Tochter in die gleiche Woche gelegt, weil ich täglich frisch koche und das ohne Küche recht schwierig ist. Nun war alles anders gekommen. Ich übernahm Handlangerinnenarbeiten, unterstützte Nina beim Renovieren und richtete eine Behelfsdraußenküche ein.)

Wie gesagt - anderthalb Tage währten die wellenartigen Gefühlsstürme. Ich fragte beim Fundbüro nach, gab bei Ebay Kleinanzeigen eine Suchmeldung auf, hängte ein Plakat mit Rucksackbildern und meiner Telefonnummer in den Wald, mailte den zuständigen Revierförster an - nichts. Während ich all das tat, war ich von der Akzeptanz des Verlustes noch weit entfernt.

Und dann geschah Erstaunliches: Die Gefühle waren wie ein aufgewirbeltes Meer und GLEICHZEITIG nahm ich den Boden in mir war und der war ruhig und still und sicher. Ich war fast verwundert und beobachtete mich weiter. Der Diebstahl war ja wie ein Einbruch in meinen Privatraum, ein Eindringen in Heiliges. So etwas hatte ich als Kind über viele Jahre wiederkehrend erlebt. In Folge dessen war mein Urvertrauen arg erschüttert worden bis ich es für eine Zeit vollständig verloren hatte. Jetzt war es für einen Moment wie eine Reaktivierung früherer Erfahrungen. Es gibt nur einen gravierenden Unterschied: Ich muss diese Erfahrung nicht generalisieren, denn ich weiß inzwischen, dass ich gehalten und getragen bin, dass ich - unabhängig davon, was Menschen tun und lassen - in einer wohlmeinenden Welt mit vielen wundervollen Geschwistergeschöpfen lebe, mit denen ich zutiefst verbunden bin. Ich fühle mich aufgehoben und bin voller Vertrauen. Diese eine Erfahrung kann mein über die Jahre zurückgewonnenes Urvertrauen nicht erschüttern. Ich werde weiter durch die Natur wandern und mir abends einen Schlafplatz im Wald suchen.

Ich habe also verstanden, wofür ich diese Herausforderung erleben durfte: Sie hat mir gezeigt, wo all meine innere Arbeit mich hingeführt hat, dass ich auch dunkle Gefühle annehmen und durchfühlen kann und vor allem URVERTRAUEN besitze. Und dafür bin ich unendlich dankbar.

Was war Deine letzte Herausforderung durch das Leben? 
Und was hat sie Dich gelehrt?


Alles Liebe!

Jana

Dienstag, 12. Mai 2020

Corona-Krise und das Rad der Transformation - Teil 4

Bevor ich mich heute aufmache, in meine diesjährige Draußenzeit eintauche und eine Woche fastend in der Natur verbringe, will ich Dir noch das 4. Video von Ursula und David Seghezzi vom uma-Institut verlinken. Es geht um den "Winter" und die spirituelle Dimension als wichtigen Teil eines jeden Transformationsprozesses. 


Und hier noch einmal die weisen Worte von White Eagle (Hopi) vom 27.3.2020 zum Nachlesen:

"Dieser Moment, den die Menschheit gerade erlebt, kann als Pforte oder Loch betrachtet werden. Die Entscheidung, ins Loch zu fallen oder durch die Pforte zu schreiten, liegt an Euch. Wenn Ihr das Problem bedauert und rund um die Uhr Nachrichten konsumiert, mit negativer Energie, dauernd nervös, mit Pessimismus, werdet Ihr in dieses Loch fallen.
Aber wenn Ihr die Gelegenheit ergreift, Euch selbst zu betrachten, Leben und Tod zu überdenken, für Euch und andere Sorge tragt, dann werdet Ihr durch das Portal gehen...."