“Guten Morgen, liebe Jana. Vielen Dank für den schönen Samstag! Ich war halb zehn zu Hause und habe noch ein Knäul gesponnen und war vor den Kindern wach, um es zu verstricken . Euch einen erholsamen Sonntag. Liebste Grüße. Judit”
Diese SMS, die mich gestern früh nach dem Samstagskurs erreichte, spricht eine deutliche Sprache: Da hat sich wohl jemand unheilbar mit dem Spinnvirus infiziert… Schöööön!
Alle vier Kursteilnehmerinnen lernten innerhalb kurzer und sehr kurzer Zeit das Spinnen am Spinnrad und das anschließende Verzwirnen. Hier die Ergebnisse – ihre kostbaren Erstlingsstränge…
Zwischendurch gab es ein wenig Wissenswertes zur Funktionsweise eines Spinnrades und zur Faseraufbereitung, damit die frisch gebackenen Spinnerinnen auch gleich in die Vollen gehen und etwas mit Rohwolle anfangen können. An noch ungewaschenen Proben Rohwolle verschiedener Schafrassen konnten die Frauen erleben, wie sich die Fasern durch das Waschen, Spülen, Kardieren mit der Kardiermaschine oder den Handkarden verändern.
Hier baden die Rohwollproben in einer sehr heißen Seifenlauge, damit sich der Schmutz und das Wollfett gut lösen.
Links seht ihr jeweils eine Probe ungewaschener, rechts daneben eine Probe gewaschener Wolle. Am eindrucksvollsten ist es natürlich, die Faserproben zu fühlen und zu beschnuppern.
Alle Spinnerinnen, die sich bereits an der Erstellung eines Faserbuches oder Fasertausches beteiligt haben, wissen wie hilfreich es ist, sich mit den unterschiedlichen Fasern zu beschäftigen. Umso schöner finde ich es, dass Barbara Aufenanger – die Vorsitzende der Handspinngilde e. V. – aus dem Wollprojekt, einer gemeinsam erstellten Ausstellung der Handspinngilde, ein Buch hat drucken lassen. Darin sind Kurzporträts der in Deutschland gehaltenen Schafrassen anzuschauen und nachzulesen. Hier ist es zu beziehen.
Besonders für alle Spinnanfänger ist das ein gelungenes Werk, um sich im Faserdschungel nicht zu verlaufen und die wundervolle Vielfalt der “um die Ecke lebenden” Schafrassen kennen zu lernen. Ich bin übrigens gerade dabei, mir Faser-, Spinn-, Strick- und Filzproben der unterschiedlichen Rassen anzufertigen, um die Ausstellung auch hier in der Wollwerkstatt präsentieren zu können - ein Langzeitprojekt, das sich nach und nach vervollständigen wird und mir die Möglichkeit gibt, Spinnlehrlinge auch fühlen lassen zu können.
Mit dem Bentheimer Landschaf habe ich begonnen…
Wer wollte, konnte im Kurs das Spinnen mit der Handspindel ausprobieren. Ramona hatte sogar eine dabei, die zwar nicht ganz ausgewogen lief, aber es gelang ihr schnell an einer meiner Spindeln.
Übrigens lernte Ramona das Spinnen an meinem Tom, was ja nun wahrlich kein Anfängerrad ist. Mit dem Delft von Wernekinck – meinem Erstlingsrad – kam sie hingegen nicht so gut zurecht. Sie brauchte eher ein schnelles feines Rad mit Doppeltritt. Da kann man mal sehen, wie sich die Vorlieben unterscheiden. Da ich ihr mein Tom im Anschluss an den Kurs ausborgte, kann sie jetzt auch gleich weiterspinnen und das Glücksgefühl genießen. Judit hat sich erstmal ein Moswolt mitgenommen, bis ihr ein taugliches Spinnrad über den Weg läuft.
Ich handhabe es in der Regel so, dass zu Kursen jede Teilnehmerin einen kleinen Beitrag zum gemeinsamen Büfett beisteuert. So auch diesmal. Freut Euch, dass ich kein Foto von unserem mit Köstlichkeiten bedeckten Pausentisch habe – Euch würde das Wasser im Mund zusammenlaufen. Es gab böhmische mit Pflaumenmus gefüllte Buchteln, einen Hefekranz mit Nüssen und Mandeln, wunderschöne in Zwiebelschalen gefärbte Ostereier mit Blattabdrücken von Renáta, Himbeer-Sahne-Baisers-Nachtisch von Susanne, Marmorkuchen von Judit, Brot mit Aufstrichen und Schafskäse sowie frische Paprika von Catherina, scharfe Pfirsichsuppe von Rainer und frischen Obstsalat mit Kürbis- und Sonnenblumenkernen von mir.
Die Spinnerinnen lernten nicht nur das Spinnen…
…und das Zwirnen…
…sondern auch die Herstellung eines Zwirnballes über eine Nostepinne oder den Daumen, um keine Reste auf einer Spule zurückzubehalten, außerdem das Strangwickeln…
…und Abbinden, das Waschen und Spülen – das Ausschlagen des Stranges – all die vielen uns langjährigen Spinnerinnen so selbstverständlich erscheinenden Arbeitsschritte, die jedoch alle nötig sind, um schöne spinnerte Ergebnisse zu bekommen. Und hier sind sie…
Nachtrag am Montag: Renáta kauft sich ein neues Spinnrad. Catherina bekommt eines zum ganz besonderen Geburtstag geschenkt. Juhu! Nun sind alle Spinnerinnen versorgt und können gleich weiter ihrer neuen Leidenschaft frönen. Toll, oder!?