Donnerstag, 29. Oktober 2015

Angekommen im Herbst…

Es war für mich gar nicht so einfach, aus dem verlängerten Sommer in den plötzlichen Herbst zu springen. Das ging so weit, dass meine Reisetasche einige Tage unausgepackt im Flur stand. Dabei liebe ich den Herbst wirklich sehr – dieses bunte Aufleuchten der Natur, bevor sie in die große Winterruhe fällt…

Ahorn

Richtig angekommen bin ich durch den nach unserem Urlaub wieder ersten Besuch meines Sitzplatzes. Das ist eine Übung (und weit mehr als das) aus der Wildnispädagogik (KLICK).

Seit nun schon über einem Jahr (während aller Jahreszeiten, bei jedem Wetter und zu jeder Tageszeit) besuche ich eine Eiche in der Nähe unseres Dorfes…

Sitzplatzeiche

…setze mich für eine Zeit an ihren Stamm und nehme wahr, was mich umgibt. So lernte ich den Baum, den Ort, die dort wachsenden Pflanzen, die Vögel und die anderen hier lebenden Tiere kennen. Durch das in Stille gehen, verlieren die Tiere ihre Scheu. Anderthalb Meter neben dem Baum wohnt eine kleine Spitzmaus. Inzwischen ignoriert sie mich und geht ihren raschelnden und piepsenden Beschäftigungen nach, obwohl ich dort sitze. Ich beobachtete dort bereits Rehe, einen Igel, viele Vögel, Kämpfe zwischen Raben und Bussarden, lernte wechselnde Wetter kennen, die unterschiedlichen Winde, lauschte dem Wind in den Bäumen, dem Regen auf den Blättern, beobachtete das sich ständig verändernde Licht, das Werden und Vergehen der Pflanzen und so wurde mir dieser Platz zu einer ganz besonderen Heimat. Ab und an legte ich mich zu Füßen der Eiche in das Gras und schlief dort ein. Einmal erwachte ich erst, als die Nacht bereits hereingebrochen war. Immer fühle ich mir dort behütet und beschützt. Allein durch die Vorstellung, dass unter mir im Erdreich das starke Wurzelwerk dieser Eiche lebt. Aber der tatsächliche Schatz dieser Erfahrung ist das Wissen, dass es mir mit jedem Ort so gehen kann, an dem ich lange und immer wieder bin, den ich durch die Zeiten hindurch kennenlerne. Es stärkt mein Wissen, überall zu Hause sein zu können.

Meine Eiche steht etwas erhöht. Geradeaus schaue ich über Feuchtwiesen mit Wildschweinsuhlen bis zum Waldrand…

Sitzplatzblick

Gegenüberblick

…es gibt einen kleinen mit zitternden, raschelnden Espen durchsetzten Erlengrund, rechts von mir stehen weitere Eichen.

Der Weg zu meinem Sitzplatz führt aus dem Dorf heraus durch ein kleines Wäldchen, dann über einen mit Buchen, Hasel, Eichen, Wildkirsche etc. besäumten Weg.

Weg zum Sitzplatz

Und ganz egal, aus welcher Situation heraus ich meinen Sitzplatz aufsuche, ich atme durch und komme an – in dieser Zeit, an diesem Ort, in mir…

Und nun freue ich mich auf die schöpferische Zeit in der Werkstatt. Am Wochenende 7./8. November 2015 findet der Filzkurs “Hommage an Hundertwasser” (KLICK) statt.

2 Kommentare:

Heike Kraeuterlein hat gesagt…

hej, wunderschön be- und geschrieben. Auch ich liebe die Natur sehr und bin jeden Tag draußen
lg Heike

jahreszeitenbriefe hat gesagt…

Einen wunderbaren Platz hast du da gefunden... Deine Eichengeschichte berührt mich sehr und ich glaube dir jedes Wort ;-) Einladen möchte ich dich, deinen Baumfreund in meiner Reihe "Mein Freund, der Baum" zu verlinken. Denn das ist die Eiche doch, ein Baumfreund! Am 29.11. gibt's die neue Runde. Liebe Grüße Ghislana