Dienstag, 30. Juli 2013

Feder und Stein oder GEBORGEN im Sturm…

FedergeschenkeMeine erste fünftägige Draußenzeit war ein selbst gewähltes Abenteuer. Mein Wunsch war es, auf diese Weise der Natur innen und außen mehr Raum zu geben. Ich wollte den Landstrich, in dem ich nun schon beinahe drei Jahre lebe, besser kennenlernen (und mich selbst auch – unter ungewohnten Bedingungen…). So wanderte ich allein und fastend zu Hause los, ohne mir eine Route überlegt zu haben. Stattdessen ließ ich mich von Zeichen und Intuition leiten. Kompass und Karte hatte ich dabei, um die gegangenen Wege rückblickend auch anschauen zu können.

Obwohl mein Rucksack knapp 16 kg wog – inklusive 3 Litern Wasser und 1,5 kg Eigengewicht – war meine Ausrüstung  für das Übernachten unter fast freiem Himmel auf das Wesentlichste reduziert.

1 - Aufbruch

Ich hatte ein Tarp dabei, um Schutz vor Morgentau und eventuellem Regen finden zu können, Isomatte und Schlafsack, einmal Wechselsachen, Zahnputzzeug, Trekkingssandalen, Regenkleidung, Band, Schnitzmesser (leider das falsche, weil stumpf…), ein Minihandtuch, eine Taschenlampe, Pflaster, Sonnencreme, Insektenschutz, ein Sturmfeuerzeug und Salbei zum Räuchern, mein Tagebuch, Stifte und das, was ich am Leibe trug. Bewusst hatte ich solche Dinge wie ein Buch oder Strickzeug, die mich vom Wahrnehmen und Erleben wegbringen, zu Hause gelassen. Ein Kompromiss war der Fotoapparat, der mitkommen durfte. Mein Handy hatte ich ebenfalls dabei ; es blieb aber aus.

Diese Nandu-Feder war mein erstes Zeichen.

2 - Nandu-Feder

Ich fand sie gar nicht weit hinter dem Dorf. An dieser Stelle war ich erst eine Woche zuvor einem Nandu begegnet. Zum ersten Mal lief der Vogel nicht weg und wir verbrachten in etwas Abstand einige Zeit miteinander. Also setzte ich meine Wanderung durch Nordwestmecklenburg unter das Zeichen der Federn.

Das erste Tier, das ich traf, war ein Feldhase.

IMG_0285

Diese Gesellen sollten mir noch oft über den Weg laufen (oder ich ihnen). Die nächste sehr beeindruckende Tierbegegnung hatte ich im Wald, wo ich diesen Marderhund traf.  Wir schauten uns lange in die Augen, bevor wir unseren Weg fortsetzten.

Marderhund1

Der Weg ging mitten im Wald zu Ende. Ich ging weiter – über morastigen Grund, durch Brombeeren und Brennesseln. Eine Schlange erschrak und verzog sich ins Unterholz. Dann öffnete sich der Wald und mir bot sich dieser traurige Anblick…

7 - Wald

Wald

Ich sang dem Wald ein Lied, ging ein paar Schritte und fand eine Seeadler- und eine Krähenfeder. Danke!

6 - Seeadler- und Krähenfeder

Der Kranich flog auf, als ich auf das Feld heraustrat, zog einige Kreise und ließ sich etwas weiter entfernt nieder.

Kranich

Auch er schenkte mir eine seiner spitz zulaufenden Federn, indem er sie in einer Traktorspur liegen ließ…

Federschmuck

Wegelagerin

Mein Nachtlager schlug ich in der Nähe eines Waldes am Rande eines kaum begangenen Weges auf – als Wegelagerin sozusagen. Es war gar nicht so einfach, geeignete Lagerplätze zu finden. Entweder wuchs auf dem Feld das erntereife Getreide, ich traf auf eingezäunte Weiden oder Koppeln, Heuwiesen oder unwegsamen Grund. Und obwohl Nordwestmecklenburg zu den gering besiedelten Gebieten gehört, gab es kaum Brachland. Jeder Streifen Land wurde bewirtschaftet.

Die erste Nacht unter fast freiem Himmel war ungewohnt und sehr beeindruckend: Nachdem die Vögel verstummt und schlafen gegangen waren, legte sich für einen Moment eine große Stille über die Welt. Dann erwachten die Nachttiere. Mir war nicht klar, wie laut es in der Nacht ist. Mein Herz klopfte angstvoll ob all der unbekannten Geräusche, die ich anfangs schwer einordnen konnte, und war bestimmt ebenso laut wie die nächtlich aktiven Tiere. Irgendwann schlief ich ein, um früh am Morgen von einem jungen Fuchs geweckt zu werden, der am Wegesrand raschelte.

Ich wanderte und wanderte. Mit jedem Schritt eroberte ich mir ein wenig der Landschaft und ein wenig der eigenen Natur zurück. Eine Haut nach der anderen konnte ich abstreifen. Ich erforschte atmend, gehend, fühlend, schreibend, wer ich unter all diesen Rollen war, mit denen ich mich im Alltag identifizierte. Das Wichtigste für mich blieb, MIT dem zu gehen, was sich in mir zeigte und alles wirklich zu durchleben. Bis auf den Grund der Angst oder der auftauchenden Traurigkeit zu fühlen, ohne mich davon abzulenken. Am zweiten Tag meiner Wanderung gab es Momente, in denen ich mich abgrundtief einsam fühlte, in denen Sinnlosigkeitsgedanken auftauchten. In einem solchen Moment tiefster Tiefe kam ein Volk Schwebfliegen zu mir. Sie setzten sich auf meine Arme, summten vor meinem Gesicht und berührten mich ganz sanft. Es war wie ein: HALLO! Wir sind hier und Du bist hier. Lass uns einfach hier SEIN. Es folgte ein unbeschreibliches Gefühl von Verbundenheit und gleichzeitiger Freiheit.

Wenn ich erschöpft war, rastete ich, wie hier unter den alten Robinien.

14 - Rast unter Robinien

Mein ansonsten eher schnelles Tempo verlangsamte sich und alles fühlte sich RICHTIG an. Ging mein Wasser zur Neige, klingelte ich in einem Dorf an einer Haustür und bat darum, meinen Wasservorrat auffüllen zu dürfen. Durch das Fasten waren all meine Sinne hellwach. Der Wald roch erdig und schwer.

16 - Im Wald

Das reife Getreide duftete nach Sommer.

Duft

Kleeduft zog süß in meine Nase und verführte mich, eine Nacht auf dieser Wiese zu verweilen. Hier hätte ich durchaus länger bleiben können.

Schlafplatz auf der Kleewiese

Ich durfte mehrere Feldhasen beobachten, die sich auf der Kleewiese vermutlich ebenso wohlfühlten, wie ich mich.

Feldhase

Nachts bellte dicht neben meinem Tarp ein Rehbock. Zu diesem Zeitpunkt fürchtete ich mich schon nicht mehr, sondern war zutiefst dankbar, Teil dieser wunderbaren Natur zu sein.

Ich wanderte an vielen schönen Orten und Landschaften vorbei, sah Kopfpappeln…

13 - Kopfpappeln

…und rot behütete Haselnüsschen…

15 - Rote Schönheiten

…fand wild wachsende Färberkamille am Wegrand…

Färberkamille

…und beobachtete mehrfach einen Roten Milan am Himmel.

12 - Roter Milan 

Als ich irgendwann nicht mehr konnte, es immer später wurde und ich noch immer keinen Nachtlagerplatz gefunden hatte, stellte ich mich an die Straße und trampte bis an die Ostsee.

Angekommen

Dort blieb ich.

Meerblick

Ließ mich am nächsten Morgen von Schönheiten dieser Art…

22 - Schwan

…mit Federn beschenken.

21 - Schwanenfedern

…wanderte am menschenleeren Strand entlang…

Einsamer Strand

… entdeckte wundersame Dinge, wie diesen Schachtelhalm, der durch das Loch eines Hühnergottes wuchs…

Trotzallemkraft

…saß später am Abend am Feuer und ließ mich vom Spiel der Flammen verzaubern…

20 - Feuer

…hielt meine Adlerfeder bewundernd in den Sonnenuntergang. Sie ist so breit wie meine Hand und 24 cm lang. Tiefe Dankbarkeit erfüllte mich.

Seeadlerfeder im Sonnenuntergang

Aus dem Nichts erhob sich ganz plötzlich – die Sonne war längst untergegangen und die Nacht hatte sich über den Strand gelegt – ein kräftiger Sturm. Er war so stark, dass er das Tarp von den Zeltnägeln riss und ich es gerade noch zu fassen bekam, bevor es wegflog. Erschrecken und Angst erfassten mich, bis ich die Idee hatte, das Tarp mit meinem Gewicht zu beschweren und mich darin einzurollen. In diesen Kokon gewickelt schlief ich in stürmischer Nacht und war zutiefst geborgen. Mitten in der Nacht erwachte ich, schlug das Tarp zurück und sah in sternenklaren Himmel, von dem es Sternschnuppen regnete… Was für ein Geschenk!

Schlafkokon

Sturm

Auf besondere Weise fühlte ich mich den Vögeln zugehörig.

Versteckt

Auf Wiedersehen

23 - Kormoran

…dem Meer, der Sonne, dem Wind und den Steinen. Diese Freude musste mit der Welt geteilt werden. Dafür sammelte ich am steinigen Strand…

Steine am Strand

…viele kleine weiße Steine mit glatter Oberfläche, bemalte sie und beschrieb sie mit Worten, Sätzen, Segenswünschen, kleinen Botschaften, die für mich eine Bedeutung hatten. (Gut, dass ich meine Tagebucheinträge mit einem Permanentmarker vornehme, um später noch aquarellieren zu können. So hatte ich diesen Alleskönnerstift dabei.)

Findlinge Detail

Ich taufte die beschriebenen Steine FINDLINGE, denn anschließend wanderte ich über den gesamten Strand und legte die Steine an Orte, an denen sie von Wanderern und Strandbesuchern gefunden werden konnten.

2

1

3

5

6

Danke

Ja – DANKE für dieses Leben!

Samstag, 27. Juli 2013

Die gemeinsame Zauberjackennäherei…

…aus gefilzten Buntstoffen ist nun bereits vorüber. Und hier ist mein Ergebnis…

Zauberjacke Vorderansicht

Zauberjacke Rückenansicht

Danke, liebe Karen, für die Anleitung und danke, Silke, für das liebevolle Beherbergen in Deinem schönen Zuhause.

Dankbarkeit

In der Vorbereitung der Näh-Tage hatten wir uns Unikat-Stoffe gefilzt. Silke hatte sich für Farbverläufe von Weiß über Grau und Anthrazit  bis hin zu Schwarz entschieden und die Oberfläche mit geschredderter Sari-Seide verziert. Sehr edel – nicht nur von der Optik, sondern auch haptisch!

Filzstoff mit Sari-Seide

Ich hatte mit kräftigen Farben – Farbverläufen und Kontrasten – auf schwarzem Grund experimentiert und rund und eckig zusammengebracht.

Buntstoff gefilzt

Einen meiner Ärmelstoffe hatte ich hier schon gezeigt. Der andere Ärmel entstand aus diesem Stoff...

Ärmelstoff

Sorgfältig wurden die Ausschnitte gewählt…

Ärmelauswahl

Auswahl und Zuschnitt

…zugeschnitten und gesteckt, Nähmaschinen präpariert und genäht…

Schnittmusterteile aufgelegt

Nähen

Konzentration

Zusammenspiel von Innen und Außen

Bis zur fertigen Jacke war es schon ein Stück Weg. Aber der hat sich gelohnt!

Zauberjackensilke

Zauberjacke fertig

Dass wir auf dem Gemeinschaftsbild ein wenig gequält schauen, hängt mit der Kombination aus Temperaturen um die 30°C und einer ebenfalls wohlig warmen Filzjacke zusammen. Karen trägt hier übrigens die rote Inspirationsjacke, die Silke auf die schöne Idee brachte. Ronja präsentiert die Drachen- oder Krokodiljacke, die auch unter Karens Händen entstanden ist.

Zauberjacken

Zauberjackenfotos gucken

Zauberjackenrücken

Solch kreative Frauenzeiten sind atmosphärisch immer ganz besonders. Morgens und abends waren wir im See schwimmen, zwischendurch haben wir Gemüse aus dem Garten verspeist, Waren an der Müritz einen Besuch abgestattet, uns Kunst aus dem Automaten gegönnt und uns wohl miteinander gefühlt. Herzlichen Dank an Euch alle und bis zum baldigen Wiedersehen!