Jetzt ist bereits der 1. November. Das diesjährige Samhain gehört der Vergangenheit an. Und doch will ich noch ein paar Gedanken und Erfahrungen zu unserem Fest mit Dir teilen. In diesem Jahr - als ich mit der Vorbereitung des Jahreskreisfestes für meine Frauengruppe und der Einstimmung darauf begann - spürte ich, dass wir einmal mehr eingeladen sind, uns unseren Schatten zuzuwenden. Letztlich wundert es mich nicht, denn wenn ich mich in der Welt umsehe, stecken wir alle in stark polarisierenden Situationen. Da geht es um richtig und falsch, gut und schlecht, Recht haben wollen und daneben liegen, ein Dafür und ein Dagegen... Wir haben also gerade sehr gute Bedingungen dafür, den eigenen Schatten zu erforschen.
Doch was ist mit SCHATTEN eigentlich gemeint?
Hierbei geht es um Gedanken, Gefühle und Handlungen, die NICHT unserem Selbstbild und unseren Werten entsprechen, sondern diesen entgegenstehen. Der eigene Schatten ist häufig ein blinder Fleck oder eher noch eine blinde Zone. Du kannst Deinen eigenen Schatten aufspüren, indem Du Dich z. B. fragst, welche Themen so mit Scham behaftet sind, dass Du kaum wagst, sie zu denken und schon gar nicht, sie laut auszusprechen. Du kannst Dich auch fragen, was Dich so richtig aufregt, ärgert, wahnsinnig macht und virtuos alle Deine Knöpfe drückt. Hilfreich können auch Nachforschungen darüber sein, welches Verhalten, Fühlen, Denken Du bei einem Gegenüber ablehnst und verurteilst. Du kannst Dich fragen, welche Thematik Du vermeidest.
Na, tauchen da schon Themen auf?
Zum Verständnis: Wenn Du Deinen Hinterkopf anschauen willst, brauchst Du mindestens einen Spiegel, denn für Deine Augen ist Dein Hinterkopf ohne dieses Hilfsmittel nicht zu sehen. Auch unsere Psyche hat solche blinden Flecken, die mit den Augen unseres (in der Regel begrenzten) Bewusstseins nicht zu erkennen sind. Hier wirken Menschen und Situationen als Spiegel und können uns auf die blinden Flecken aufmerksam machen. Wenn wir uns diesen Phänomenen dann nicht verurteilend, sondern mit offenem Geist zuwenden, können wir unsere Schatten kennenlernen und mutig erforschen. Ja, es braucht erstmal eine ganze Portion Mut, sich diesen speziellen inneren Anteilen zuzuwenden.
Wenn es also soooo ungemütlich und wirklich herausfordernd ist, sich mit den eigenen Schattenseiten zu befassen, warum sollten wir es trotzdem tun? Weil GOLD darin zu finden ist. Nicht nur, dass die Lebensenergie, die in das Unterdrücken, Verdrängen, Vermeiden hineinfließt, dann wieder frei wird und uns zur erfüllenden Gestaltung unseres Lebens zur Verfügung steht, sondern vor allem auch, weil alles, was ich ablehne für eine Einengung meines Horizontes sorgt. Je ausgeprägter mein Schatten ist, umso stärker muss ich vermeiden, umso eingeschränkter wird mein Tunnelblick, umso beschränkter ist meine Handlungsfähigkeit.
Wenn wir es jedoch wagen, uns unseren Schattenhandlungen, -gedanken, -gefühlen zuzuwenden - z. B. ja, ich habe mein Kind angeschrien oder geschlagen, obwohl ich eine friedliebende Frau mit dem Wert der Gewaltfreiheit bin oder ja, ich habe eine Currywurst hinuntergeschlungen, obwohl ich mich vegan ernähre, oder ja, ich bin neidisch auf meine beste Freundin, weil sie mit ihrem Strahlen alle bezaubert usw. usf. und wir wagen, diese Handlungen, Gefühle, Gedanken als zu uns gehörig anzusehen, weitet sich unser Herz. Diese Handlungen, Gefühle und Gedanken anzunehmen, heißt nicht, sie gut zu finden. Es heißt nur, JA zum So-gewesen-sein zu sagen. Wenn ich diesen Prozess des Annehmens durchfühle, entwickle ich ganz natürlich mehr Mitgefühl für andere Menschen, die sich irgendwo verirrt haben und Schatten leben. Wenn ich über ein Schattenbewusstsein verfüge, entsteht immer mehr Frieden in mir und in all meinen Beziehungen.
Was verändert sich in Dir bei der Vorstellung, Dich Deinen Schatten zuzuwenden?
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Jetzt habe ich viele Worte geschrieben und noch nichts vom Jahreskreisfest SAMHAIN erzählt.
Danke!
Jana
P. s. Am nächsten Morgen war der gefüllte Ahnenteller, den ich in den Garten gestellt hatte, leergefuttert...